K 45 soll Dorfstraße werden: Dichtelbach droht Abstufung der Hauptverbindung

Liebe Dichtelbacher*innen,

In einem persönlichen Gespräch hat mir unser Landrat Volker Boch im Dezember 2022 mitgeteilt, dass der Landesbetrieb Mobilität (LBM) die Abstufung der Kreisstraße K 45 Richtung Rheinböllen zu einer Dorfstraße empfiehlt. Das heißt, die Ortsgemeinde Dichtelbach wäre dann z. B. für die Unterhaltung oder den Winterdienst zuständig. Ich frage mich, wie eine Gemeinde unserer Größenordnung das stemmen soll. Wahrscheinlich gar nicht, so dass die Straße zu einem Wirtschaftsweg abgestuft werden muss. Nachfolgend möchte ich Ihnen die Argumente des LBM und die Sichtweise der Ortsgemeinde darlegen.

Begründet wird die Abstufungsempfehlung durch den Landesbetrieb Mobilität in Koblenz wie folgt:

„Die in westlicher Richtung verlaufende Teilstrecke der K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen hat weder eine Durchgangs- noch eine Anschlussfunktion. Die Ortsgemeinde Dichtelbach ist über die K 45 in südlicher Richtung an die L 214 und die K 48 in nördlicher Richtung an die L 224 angeschlossen. Die Anschlussfunktion ist damit ausreichend erfüllt, ein zusätzlicher Anschluss über die K 45 in westlicher Richtung ist nicht erforderlich (Stichwort: Mehrfachanbindung). Innerhalb des Rhein-Hunsrück-Kreises ist die K 45 auf einer Gesamtlänge von 1.600 m lediglich eine zwischenörtliche Verbindungsstraße zwischen Dichtelbach und der Stadt Rheinböllen und besitzt daher auch keine überörtliche Durchgangsfunktion. Da der Teilstrecke die Eingruppierungsmerkmale einer Kreisstraße fehlen, ist zu einer Gemeindestraße abzustufen.“

Aus Sicht der Ortsgemeinde Dichtelbach ist die Ankündigung einer Abstufung völlig unverständlich. Die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen erfüllt die Hauptanschlussfunktion der Ortsgemeinde Dichtelbach! Dies lässt sich auch eindeutig durch Zahlen belegen. Die Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen hat im März 2021 Geschwindigkeitsmessungen an allen Ortseingängen von Dichtelbach durchgeführt. In diesem Zuge wurde auch die Anzahl der Fahrzeugbewegungen erfasst (die Daten können gerne bei mir eingesehen werden). Betrachten wir einmal die Spitzenwerte der Aufzeichnung:

  • K 45 Ortseingang Rheinböllen am Dienstag, den 11.03.2021:                    1.104 Fahrzeuge
  • K 45 Ortseingang Rheinböllener Hütte am Mittwoch, den 10.03.2021:      364 Fahrzeuge
  • K 48 Ortseingang Erbach am Freitag, den 12.03.2021:                              370 Fahrzeuge

Die Spitzenwerte zeigen eindeutig, dass die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen fast die dreifachen Verkehrsbewegungen aufweist als die restlichen Verbindungsstrecken. Selbst die beiden übrigen Anschlüsse zusammengenommen erreichen nicht das Aufkommen des Anschlusses Dichtelbach-Rheinböllen! Die durchschnittlichen Fahrzeugbewegungen auf einer Kreisstraße liegen, meines Wissens nach, bei rund 1.000 pro Tag. Somit erreicht insbesondere die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen diesen Durchschnittswert. Entgegen der Behauptung des LBM erfüllt die K 45 somit sehr wohl ein ganz entscheidendes Eingruppierungsmerkmal einer Kreisstraße! Dieses Bild wird durch die anderen Aufzeichnungstage der Verkehrszählung bestätigt.

Das Verkehrsaufkommen an der Anschlussstraße K 45 Dichtelbach-Rheinböllen wurde aber nicht nur in diesem Zeitraum dokumentiert. Die Ortsgemeinde Dichtelbach hat im Jahr 2022 eine Geschwindigkeitsanzeige beschafft. Diese wurde an der K 45 am Ortseingang Dichtelbach von Rheinböllen aus kommend installiert, weil dort das höchste Verkehrsaufkommen herrscht. Das Messergebnis (kann ebenfalls gerne bei mir eingesehen werden) für den Monat November zeigt 17.663 Fahrzeugbewegungen von Rheinböllen nach Dichtelbach und 18.903 Fahrzeugbewegungen von Dichtelbach nach Rheinböllen, also 36.566 Fahrzeugbewegungen in einem Monat!

Weiterhin möchte ich gerne in der Historie etwas zurückgehen und auf die eigene Zählung des Landesbetrieb Mobilität (LBM) aus dem Jahr 2015 zurückkommen. Nach meinen Informationen hat der LBM damals im Durchschnitt pro Tag folgende Fahrzeugbewegungen gezählt:

  • K 45 Richtung Rheinböllen:                          900 Fahrzeuge
  • K 45 Richtung Rheinböllener Hütte:              386 Fahrzeuge
  • K 48 Richtung Erbach:                                  217 Fahrzeuge

Die Verkehrszählungen zeigen, dass der Fahrzeugverkehr – und damit auch die Bedeutung als Erschließungsfunktion der K 45 – gerade zwischen Dichtelbach und Rheinböllen in den letzten Jahren sogar zugenommen hat! Somit belegen diese Aufzeichnungen ganz klar, dass die Haupterschließung über die Anbindung der K 45 Richtung Rheinböllen erfolgt. Und sie stellt die kürzeste Verbindung dar, um zu Geschäften, zu Arbeitsplätzen und in die Kreisstadt Simmern zu kommen.

Die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen ist auch die kürzeste und schnellste Anbindung der Ortsgemeinde Dichtelbach für Rettungskräfte, Krankenwagen, Notarzt, Feuerwehr und Polizei. Diese sind alle auf die schnellstmögliche Anbindung angewiesen, um schnell Hilfe zu leisten. Darüber hinaus wird die Anschlussstraße vom öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), Pflegediensten, Bürgerbus, Müllabfuhr, etc. genutzt.

Machen wir uns nichts vor, eine Gemeinde in der Größenordnung wie Dichtelbach wird die Unterhaltung (z. B. Winterdienst) einer Straße dieser Größe mittelfristig nicht leisten können. Die Konsequenz wäre eine weitere Abstufung hin zu einem landwirtschaftlichen Weg. Dies würde bedeuten, dass die schnellste Anbindung und die am besten ausgebaute Straße zur Ortsgemeinde Dichtelbach wegfällt. Folglich stünde für Rettungskräfte zukünftig nicht mehr der kürzeste Weg zur Verfügung. Notärzte, Krankenwagen, Feuerwehren oder Polizei müssten längere Anfahrtswege in Kauf nehmen. Das ist eine fatale Situation, auf welche wir hier zusteuern. Gerade in Notfällen (z.B. Herzinfarkt oder Schlaganfall) zählt jede Minute, um Menschenleben zu retten. Werden Schäden für Menschen hier billigend in Kauf genommen?

Außerdem wäre Dichtelbach auf das „Wohlwollen“ der Stadt Rheinböllen angewiesen, dass diese ihren Anteil der K 45 ebenfalls unterhält. Die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen liegt auf beiden Gemarkungen. Zum Erhalt dieses Teilstücks müsste also noch eine Einigung zwischen Rheinböllen und Dichtelbach erzielt werden.

Die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen trifft, wie vom LBM in seiner Darstellung zutreffend beschrieben, in südlicher Richtung auf die L 214. Die K 45 trifft aber in nördlicher Richtung (in Rheinböllen) auf die L 224. Neben der Hauptanschlussfunktion (siehe oben angeführte Verkehrszählungen) besitzt dieses Teilstück also auch das weitere Merkmal der Durchgangsfunktion einer Kreisstraße! Die Begründung des LBM zur Abstufung ist somit falsch! Weiterhin scheinen die vorgeschobenen Argumente des LBM zur Abstufung des Teilstücks der K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen eher willkürlich zu sein. Warum erwägt der LBM nicht die Abstufung der K 48 Richtung Erbach? Diese Strecke weist wesentlich weniger Merkmale einer Kreisstraße auf und ist von der Anschlussfunktion von geringerer Bedeutung (siehe Verkehrszählungen). Liegt das eventuell an dem besonderen Interesse des Unternehmens Amprion? Der Ortsgemeinde Dichtelbach ist bekannt, dass die Strecke von der L 214 kommend über die K 45 und K 48 hin zur L 224 den Hauptzugang des Unternehmens Amprion zu dem Umspannwerk in Erbach darstellt. Der erst vor wenigen Jahren durchgeführte aufsehenerregende und durch die Medien begleitete Schwertransport durch Dichtelbach ist uns allen noch sehr gut in Erinnerung. Wird hier bei der Abwägung durch den LBM, welche Kreisstraße abgestuft wird, das Interesse eines Unternehmens stärker gewichtet als das Interesse der im Rhein-Hunsrück-Kreis lebenden Bürgerinnen und Bürger? Ich habe oben beschrieben, dass die Unterhaltung einer solchen Straße durch eine Ortsgemeinde wie Dichtelbach nicht gewährleistet werden kann und wahrscheinlich in einer Abstufung zu einem landwirtschaftlichen Weg enden wird. Somit entfällt die kürzeste Anbindung der Ortsgemeinde Dichtelbach für Rettungskräfte. Werden hier bei der Abwägung des LBM Wirtschaftsinteressen über die Interessen um schnelle Hilfe für Menschen gestellt? Stehen die Interessen eines Wirtschaftsunternehmens über der Rettung von Menschenleben?

Die kürzeste Verbindung, um von der Ortsmitte in Dichtelbach nach Rheinböllen zu gelangen, ist die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen. Fällt diese weg, muss ein Umweg von mindestens 1,9 Kilometer in Kauf genommen werden (ich habe persönlich nachgemessen). Bei 36.000 Fahrzeugen im Monat bedeutet das für alle ein Umweg von 68.400 Km im Monat und 820.800 Km pro Jahr! Kann das im Sinne des Umweltschutzes sein? Mit Sicherheit nicht!

Die voranstehende Sichtweise, Argumente, Gedanken und Ängste zu einer möglichen Abstufung der K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen habe ich auch unserem Landrat geschildert und darum gebeten, diese dem LBM vorzutragen, damit dieser die Gesamtsituation einer neuen Bewertung unterzieht, die Empfehlung zur Abstufung revidiert und die Erschließung der Ortsgemeinde Dichtelbach über die K 45 zwischen Dichtelbach und Rheinböllen langfristig gesichert bleibt. Da der Kreistag letztendlich über die eventuelle Abstufung entscheidet, habe ich weiterhin darum gebeten, dass unser Landrat die Argumente auch in die Kreisgremien hineinzutragen. Ich stehe den Kreisgremien gerne für persönliche Rückfragen zur Verfügung.

Zusätzlich habe ich angeboten, dass die Vertreterinnen und Vertreter des Kreistages, der LBM, die Kreisverwaltung und natürlich der Landrat selbst, gerne zu einer Begehung vor Ort eingeladen sind. Ich stelle gerne die Situation vor, damit sich alle Beteiligten selbst ein Bild machen können.

2 Gedanken zu „K 45 soll Dorfstraße werden: Dichtelbach droht Abstufung der Hauptverbindung

  • 5. Juni 2023 um 17:06 Uhr
    Permalink

    Es passt ins Bild dieser Landesregierung.
    Umweltschutz predigen, aber selbst nichts dafür tun. immer die anderen bezahlen lassen.
    Wie kann man ein Dorf vom Hauptverkehrsweg abschneiden.

    Hier fehlt mir jede Vorstellung was diese Bürokraten dazu bewegt.
    Unterm Strich will man wohl Geld sparen um es dann für Unsinn auszugeben.

    Antwort
    • 6. Juni 2023 um 8:46 Uhr
      Permalink

      Hallo Herr Gohres,
      vielen Dank für Ihre Unterstützung. Tatsächlich wird die Arbeit des Ehrenamtes in den Kommunen durch den überbordenden Bürokratismus und die extremen Kosten in der Verwaltung zunehmend erschwert. Wir sind jedoch weiter zuversichtlich und arbeiten auf allen Ebenen an einer einvernehmlichen Lösung.

      Alles Gute aus Dichtelbach

      Antwort

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